Geschichte des Bunkers

Irritation ist der Klotz auf dem Heiligengeistfeld für viele – bis Heute. Was war der Flakbunker IV denn eigentlich einmal genau? Er hat so viele Geschichten! 70 Jahren nach Kriegsende entsteht, dank der ­Vision zur Umgestaltung des Bunkers, bei ­Hilldegarden die AG Mahn- und Gedenkstätte Flakbunker IV. Sie plant Ausstellungsflächen für ein Museum, um den ­Opfern des NS-Regimes endlich an dieser Stelle die notwendige Gedenkstätte einzuräumen. Der Flak-Bunker IV wurde 1942 in nur 300 ­Tagen errichtet. Seine Ausmaße erstrecken sich über eine Grundfläche von 70 x 70 m, eine Höhe von 47 m und eine Wand- bzw. Deckenstärke von bis zu 3,8 m. Es gibt Hinweise, dass rund 1.000 Zwangsarbeiter­/-innen am Bau beteiligt waren. Im Krieg bot er Zivilisten aus der Umgebung Schutz. Während der Bombenangriffe fanden zeitweise mehr als 30.000 Menschen im Bunker Schutz. Gleichzeitig wurden Schüler einer Realschule im Stadtteil verpflichtet, als Flakhelfer zu arbeiten. Viele von ihnen fanden dabei den Tod. Nach dem Krieg konnten ausgebombte Hamburger hier wohnen und es fanden erste kulturelle Nutzungen statt. All die genauen Hintergründe zu recherchieren und die Geschichte des Bunkers aufzuarbeiten, hat sich die AG Mahnmal und Gedenkstätte angenommen.


Die AG Mahn- und Gedenkstätte des Beteiligungsprojekts Hilldegarden arbeitet an einer Gedenkstätte im Flakbunker IV. Die Gedenkstätte soll alle Opfer des Nazi-Regimes an dieser Stelle würdigen. Der Flak-Bunker IV wurde 1942 in nur 300 Tagen errichtet. Es gibt Hinweise, dass hunderte von Zwangsarbeiter­/-innen am Bau beteiligt waren. Während der Bombenangriffe fanden mehr als 30.000 Menschen im Bunker Schutz. Gleichzeitig wurden Schüler auch aus dem Stadtteil dazu missbraucht, sich als Flakhelfer auf dem Dach des Bunkers am Krieg zu beteiligen. Viele Schüler fanden dabei den Tod. Wir suchen Zeitzeugen, die den Bunker in der NS-Zeit bauen mussten und wollen sie fragen, wie ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen waren. Wir gehen der Frage nach, ob alle Opfer der NS-Zeit entschädigt wurden. Und wir sprechen mit Zeitzeugen, die als Kinder und Jugendliche Schutz im Bunker suchten, um im Krieg zu überleben.

Zeitzeugen sprechen von
ihren Erlebnissen


Die Erinnerungen bewahren

Im Projekt Hilldegarden verschmelzen Visionen: Der Bunker entwickelt sich durch verschiedene Arbeitsgruppen zum gemeinschaftlich nutzbaren Kulturobjekt. Eine davon, die AG Mahnmal und Gedenkstätte, dokumentiert seine Geschichte. Wie das Thema Historien­bewätigung mit dem Gartenprojekt zusammengebracht werden soll erklärt Mitinitiatorin ... Mehr anzeigen Sonja Brier im ­Gespräch.

„Liebe Sonja, du bist Politologin und Soziologin und begleitest das Projekt Hilldegarden mit einem Dokumentarfilm. Und du bist eine Mitbegründerin der Arbeitsgruppe Mahnmal Bunker. Ihr Ziel ist es, die Geschichte des Bunkers aufzuarbeiten. Wie geht ihr vor?“

„Mir und vielen anderen Bewohnern auf St. Pauli und im Karoviertel ist es wichtig, die Geschichte des Bunkers in das Projekt Hilldegarden zu integrieren. Einige von uns leben seit vielen Jahren in dieser Stadt. Wir haben den Bunker jeden Tag direkt vor unserer Nase. Doch im Alltag vergessen wir eben manchmal welche Bedeutung er hat, und vor allem: was hier alles passierte.“

„Was will die AG Mahnmal und Gedenkstätte gegen das Vergessen tun?“

„Wir haben über einen Zeitungsaufruf viele Zeitzeugen ausfindig gemacht, deren Geschichten wir festhalten. Diese Menschen haben unglaubliches erlebt. Sie haben als Zwangsarbeiter an der Erbauung des Bunkers mitgearbeitet, die übrigens nur 300 Tage dauerte. Wieder andere haben mit ihren Familien im Bunker Schutz gesucht. Unsere Idee ist, mit Hilfe der Fotos oder Notizen dieser Menschen eine Dauerausstellung zu schaffen. Um das zu realisieren suchen wir viele weitere Engagierte, die in der AG mitmachen.“

„Ist die Recherche sehr aufwendig?“

„Ja, denn wir wollen alles möglichst korrekt aufbereiten. »Wann genau wurde der Bunker gebaut, was erlebten die Arbeiter, was die Schutzsuchenden?« Ein beachtlicher Teil der Geschichte des Nationalsozialismus steckt in diesen Mauern, und die wollen wir aufarbeiten. Wir wollen zum Beispiel wissen, ob die Zwangsarbeiter, die den Bunker errichten mussten, alle entschädigt wurden.“

„Habt ihr auch von Erlebnissen gehört, die Mut machen?“

„Es gibt Berichte von Menschen, die als Kind im Bunker nur dank der Hilfe anderer überlebt haben, weil diese sie mitgenommen und beschützt haben. Gerade in der heutigen Zeit finden wir es wichtig, an den Zusammenhalt untereinander zu erinnern. Wir möchten natürlich mit diesem Erinnerungsprozess auch ein Zeichen setzen gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung heute. Deshalb ist es so wichtig, dass wir die einschlägigen Symbole unserer Geschichte nicht übersehen. Eine schöne Geschichte ist die, in der sich eine Frau erinnerte wie sie ein Weihnachtsmärchen im Bunker gesehen hat als der Krieg zu Ende war. Sie konnte endlich ohne Angst vor Bomben in den Bunker gehen.“

„Welche Flächen im Bunker will die AG mitgestalten?“

„Wir denken über verschiedene Modelle nach. Eine feste Ausstellung im Inneren könnte die Geschichte des Bunkers erzählen. Mit einer temporären Foto-Wanderausstellung könnten wir unterschiedliche Perspektiven des Bunkers zeigen. Durch sie wird übrigens parallel deutlich, wie sich das Viertel verändert hat. Und wir möchten vielleicht eine Gedenktafel anbringen lassen, die jeder sieht, der den Bunker betritt. Um all diese Ziele zu durchdenken und umzusetzen brauchen wir unbedingt Leute, die Lust haben mitzumachen. Archivarbeit, Gespräche... da steht noch eine Menge an.“

„Wie können Interessierte mitmachen?“

„Indem sie sich entweder per mail an mahnmal@hilldegarden.org melden und vorbeischauen. Aktuelle Infos zu unserer Arbeitsgruppe gibt es auch auf unserer Website.“

„Sonja, was ist deine persönliche Vision für das Projekt?“

„Meine persönliche Vision ist es, Erinnerungen durch die Sprache der Kunst zu bewahren. Mit dem Bunker schaffen wir einen Raum, in dem sich Menschen begegnen. Das kann übers gemeinsame Gärtnern geschehen oder eben über das Aufarbeiten der eigenen Geschichte.“

„Was verbindest du mit dem Bunker?“

„Die Gestaltung des Bunkers ist eine Chance, die wir nutzen sollten. Wir haben die Möglichkeit, nach unseren Vorstellungen mitzuwirken, weil ein Investor die Fläche zur Verfügung stellt. Diese Mitbestimmung auf St. Pauli ist ein Streckenerfolg.“

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Zeitzeugen

Die AG Mahnmal und Gedenkstätte sucht nach Zeitzeugen, die diesen Bau unter der Naziherrschaft hochziehen mussten. Wie waren ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen? Wurden die Opfer jemals entschädigt? Auf einen Aufruf nach Zeitzeugen der Entstehung und frühen Nutzung des Bunkers im Hamburger Abendblatt, haben sich viele Menschen gemeldet, die noch Erinnerungen an diese Zeit haben und z.B. als Kinder und Jugendliche Schutz im Bunker suchten. Die AG möchte möglichst viele dieser Geschichten festhalten und auch etwas über die Bunkernutzung in der ... Mehr anzeigen Nachkriegszeit erfahren.

Hier eine Auswahl an Zitaten von Zeitzeugen:

Eine Zeitzeugin, Jahrgang 1933:

„Schon ein oder zwei Monate vor dem ersten Luftangriff bekamen alle Hausbewohner (Glashüttenstraße) eine Bunkerkarte wo darauf stand, wo und in welchem Raum wir uns bei Alarm einzufinden hätten. Auf dem Weg zum Bunker konnten wir die vielen Scheinwerfer am Himmel sehen. Am Eingang standen Bunkerwarte mit einer Luftschutzbinde, wie Platzanweiser im Kino. Wir waren immer im Raum 27 im 1. Stock, der fasste zwischen 150 und 200 Leute. Es gab nur Bänke keine Tische. Nach 45 Minuten merkten wir die Erschütterungen, dann ging das Licht aus. Dann hörten wir ein Brummen, und das Licht ging wieder an, die hatten für den Bunker ein eigenes Aggregat. Manche Leute kamen in Bademänteln oder Mänteln über dem Schlafanzug, andere trugen Vogelkäfige und manchmal auch unnützes Zeug weil sie so verwirrt waren.“

Eine Zeitzeugin, Jahrgang 1940:

„Wir haben als Kinder auf dem Heiligengeistfeld gespielt und ich fand es ganz blöd, dass wir stundenlang in den Bunker mussten. Vor den Eingängen standen Riesen-Menschenmengen, einige gerieten in Panik. Einmal wurde ich in der Menge von meiner Familie getrennt. Meine Eltern haben mich durchgereicht, weil sie nicht wussten, ob sie noch rechtzeitig in den Bunker kommen. Ein Soldat hat mich mit in das Innere des Bunkers mitgenommen. Zum Trost, weil ich so geweint habe, ich hatte Angst, dass ich meine Eltern nie wieder sehe, Salmiak gegeben.“

Eine Zeitzeugin, 87 Jahre alt:

„An Details wie der Bunker gebaut wurde kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß nur noch, dass da eine Windmühle stand, da haben wir immer mit unseren Puppen gespielt. Als ich dann später immer in den Bunker musste, habe ich mir einmal einen Warzenstich geholt, da brachten die Leute ihr eigenes Bettzeug mit. In den Luftschutzkellern hatte ich immer Angst. Im Bunker dagegen habe ich mich immer sicher gefühlt.“

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